… im September 2005
Heimwehtouristen werden sie spöttisch genannt, die Schlesier, die ihre Heimat, aus der sie vertrieben wurden, Jahrzehnte später wieder besuchen. Wie wahr! Heimweh ist es, kein Revanchismus.
Wandern im Riesengebirge. Besuch an den Gräbern der Vorfahren, überquellende Erinnerungen an die Kindheitstage.
„Heem, heem, suste nischt ock heem!“
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Leseprobe |
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Mein schlesisches Tagebuch
im September 2005
Freitag, 2. September
Anreisetag.
Seit Tagen rede ich mir ein, ich führe nach Hause. Ei de Heemte, möchte ich sagen, aber wer spricht schon noch schlesisch? Wer versteht noch schlesischen Dialekt?
Nun sitze ich tatsächlich im Auto und fahre. Ich fahre heim – immer wieder diese Beschwörungsformel. Mein Herz grummelt. Wo liegt dieses Daheimsein?
Der Himmel übergießt die Straße mit Wasser, als wolle er sie wegschwemmen, mir den Eintritt ins Traumland verwehren. Das graue Band der Autobahn gleicht einer Wasserader, in der sich ungezählte Lichter widerspiegeln. Die Roten leuchten am hellsten. Autos jagen vorbei, schütten ihr Kielwasser über unsere Frontschreibe. Ihre Fahrer scheinen zu wissen, wohin sie wollen, sonst rasten sie nicht so. Ich will heim… und weiß nicht, wo das liegt. Warum sollte ich schnell fahren?
ENDE DER LESEPROBE
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Reise-/Erinnerungs-Tagebuch
BoD-Verlag 2006
ISBN 3-8334-6230-2